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Gerichtsurteil: Deutsche Pkw-Maut verstößt gegen EU-Recht

Die deutsche Pkw-Maut wird zur unendlichen Geschichte. Mit Pauken und Trompeten wollte die CSU einst ihr Prestige-Projekt durchbringen. Doch es kam wie es kommen musste: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) zeigte dem Vorhaben jetzt die Rote Karte.

Die Richter gaben einer Klage von Österreich keineswegs unerwartet statt. Der Grund: Die geplante Abgabe sei diskriminierend, so die Richter. Die Pkw-Maut hätte ab Oktober 2020 für Deutsche auf Autobahnen und Landstraßen, für Ausländer nur auf Autobahnen gelten sollen. Österreich störte sich daran, dass deutsche Staatsbürger über die Kfz-Steuer entsprechend hätten entlastet werden sollen.

Nachdem der Europäische Gerichtshof das Aus für das deutsche Maut-Vorhaben verkündet hat, fordert der ADAC nun den vollständigen Verzicht auf die Infrastrukturabgabe. ADAC Vizepräsident für Verkehr, Gerhard Hillebrand: “Für den ADAC war von Beginn an von besonderer Bedeutung, dass kein deutscher Autofahrer durch eine Maut zusätzlich finanziell belastet werden darf. Dieses Versprechen hatte die Bundesregierung gegeben und darauf zählen wir jetzt auch.” Die Koalition hatte seinerzeit eine finanzielle Mehrbelastung der heimischen Autofahrer ausdrücklich ausgeschlossen, erinnert der ADAC. Dieses Versprechen müsse angesichts der bereits hohen Belastungen für Autofahrer eingehalten werden.

Ähnlich wird das Urteil auch an vielen anderen Stelle kommentiert. “Das EuGH-Urteil muss das endgültige Aus für die Pkw-Maut in Deutschland sein. Die CSU ist gefordert, ihre Mautpläne nach 20 Jahren Kampfeszug zu begraben, anstatt noch weitere Gelder zu verbrennen”, sagt Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Clubs Europa (ACE). Allein 40 Millionen Euro seien bereits in die Vorbereitung zur Maut-Einführung geflossen. Die Entscheidung des EuGH zeige: Diese Ausgaben wären besser in Projekte zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität geflossen, so Stefan Heimlich.

“Das EuGH-Urteil kommt überraschend. Der VDA zählt jetzt darauf, dass die Bundesregierung ihr Versprechen einhält und es nach diesem Urteil zu keiner Mehrbelastung für die Halter von in Deutschland zugelassenen Pkw kommt”, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands der Automobilindustrie (VDA).

“Das Urteil ist eine Ohrfeige für die Verkehrs- und Umweltpolitik der Großen Koalition. Die von der CSU vorangetriebene Pkw-Maut war von Anfang an ausländerfeindlich, unsozial und ökologisch fragwürdig”, kommentiert Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclub (VCD) die Entscheidung.

Zahlreiche Verbände und Wissenschaftler hätten die Bundesregierung gewarnt, dieses Projekt durchzuziehen, so Gerd Lottsiepen weiter. “Für die Blamage des Verkehrsministeriums müssen die Steuerzahler aufkommen. Es fallen die bis heute angelaufenen Planungskosten und wahrscheinlich auch Entschädigungen von bisher involvierten Firmen an.”

Vor allem auf Druck der CSU war die Maut 2015 beschlossen worden. Schon damals gab es europarechtliche Bedenken. Zunächst hatte auch die EU-Kommission protestiert, sie gab ihren Widerstand nach Änderungen an den Plänen auf. Österreich zog vor Gericht und hat nun Recht bekommen. Dass die Pläne in Deutschland nun noch weiter verfolgt werden, gilt nach Ansicht von Experten als unwahrscheinlich.

In Anspielung auf die berühmten Lach- und Sachgeschichten aus dem Kinder-Fernsehen bleibt festzuhalten: Die “Sendung mit der Maut” ist endgültig zur Lachnummer verkommen.

Neuzulassungen in Deutschland weiter auf Talfahrt

224.558 Personenkraftwagen (Pkw) wurden im Juni 2022 neu zugelassen, das waren nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts -18,1 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Die Neuzulassungen für gewerbliche Halter gingen um -21,3 Prozent zurück, ihr Anteil betrug danach 64,3 Prozent, die privaten Neuzulassungen nahmen im Berichtsmonat um -11,6 Prozent ab.

Nach Abschluss des ersten Zulassungshalbjahres wurden insgesamt 1.237.975 Neuwagen zugelassen und damit -11,0 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Unter den deutschen Marken erreichte Mercedes mit +9,5 Prozent eine Zulassungssteigerung. Die weiteren Marken verzeichneten im Vergleich zum Vorjahresmonat Rückgänge, die bei Porsche mit -3,5 Prozent sowie BMW mit -9,8 Prozent am geringsten ausfielen. Die weiteren Markenverzeichneten hingegen zweistellige Rückgänge, die von -10,3 Prozent bei Ford bis -67,0 Prozent bei Smart reichten (Audi: -13,1 %, Opel: -17,7 %, Mini: -22,9 %, VW: -24,0 %). VW war mit 19,4 Prozent die anteilstärkste deutsche Marke.

Unter den Importmarken erreichten im Berichtsmonat Juni insgesamt fünf Marken ein positives Zulassungsergebnis. Für Polestar wies die Statistik mit +58,6 Prozent den deutlichsten Anstieg sowie einen Zulassungsanteil von 0,1 Prozent aus. Für die Importmarken Dacia (+40,3 %), DS (+32,9 %), Alfa Romeo (+18,7 %) und Kia (+0,2 %) waren ebenfalls zum Teil deutliche prozentuale Zulassungssteigerungen zu verzeichnen. Die weiteren Importmarken verbuchten hingegen Zulassungsrückgänge, die bei Suzuki (-67,4 %) und Mazda (-50,4 %) mehr als 50 Prozent ausmachten. Den größten Neuzulassungsanteil erreichte Skoda mit 5,5 Prozent.

32.234 Elektro- (BEV) Neuwagen kamen zur Zulassung und damit -3,5 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Ihr Anteil betrug 14,4 Prozent. Innerhalb der ersten sechs Monate zeigte sich bei dieser Antriebsart ein Anstieg von +12,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Mit einem hybriden Antrieb waren im Juni 65.363 fabrikneue Pkw ausgestattet. Das waren -14,6 Prozent weniger als im Vergleichsmonat. Ihr Anteil betrug 29,1 Prozent. 26.203 dieser Hybride waren den Plug-ins zuzuordnen. Das Zulassungsminus betrug bei dieser Antriebsart -16,3 Prozent, ihr Anteil lag bei 11,7 Prozent. Die Anzahl neu zugelassener Pkw mit Benzinantrieb ging um -23,2 Prozent zurück, ihr Anteil betrug 37,0 Prozent. Der Anteil der dieselbetriebenen Neuwagen betrug nach einem Rückgang von -22,3 Prozent 18,9 Prozent. Mit 1.120 Einheiten wurden +64,2 Prozent mehr Neuwagen mit der Antriebsart Flüssiggas zugelassen, ihr Anteil belief sich auf 0,5 Prozent. Bei den Erdgasfahrzeugen (116 Pkw) gab es hingegen einen Rückgang von -75,2 Prozent, ihr Anteil machte 0,1 Prozent aus.

Quelle: Kraftfahrtbundesamt