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Falsches Spiel: Bundesregierung sabotierte EG-Beitritt der Türkei in den 90er Jahren

Ankara/Berlin – Die Bundesregierung unter Helmut Kohl (1982 bis 1998) stand stets im Verdacht, den Beitritt der Türkei zur Europäischen Gemeinschaft (EG) offiziell zu befürworten und insgeheim zu hintertreiben. Nun hat das Auswärtige Amt vertrauliche Akten des Jahres 1992 freigegeben, die diesen Verdacht erhärten, berichtet der “Spiegel”. Demnach hat der damalige Außenminister Klaus Kinkel (FDP) seinem türkischen Kollegen Hikmet Çetin am 13. Juli 1992 in Ankara erklärt, die Bundesregierung wisse, dass die Türkei die Vollmitgliedschaft in der EG anstrebe und werde “sie in diesem Ziel und auf dem Weg dahin unterstützen”.

Der Eindruck, die Türkei sei im Kreise der Westeuropäer “nicht mehr erwünscht und sie werde in eine Nebenrolle abgedrängt, sei falsch”. Drei Tage später hingegen sagte Kanzler Kohl (CDU) der norwegischen Ministerpräsidentin, aus der Türkei komme massiver Druck auf eine Vollmitgliedschaft, doch – so referiert ihn der Gesprächsvermerk- “wir seien dagegen”. Die Türkei könne “nicht Mitglied werden”, sie gehöre “in eine andere Dimension”.

Die EG ist Vorläuferin der Europäischen Union (EU). Schon ihr Assoziierungsabkommen mit Ankara von 1963 sah die Möglichkeit eines Beitritts vor. Seit 2005 laufen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.

red

Türkischer Präsident überrascht nach Vereidigung: Rückkehr eines angesehenen Ökonoms ins Kabinett

Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach seiner Vereidigung am Samstag sein neues Kabinett vorgestellt – und dabei für einige Überraschungen gesorgt. Der erst 2018 von Erdogan aus dem Kabinett geworfene und international angesehene Ökonom Mehmet Simsek wird demnach wieder Finanzminister. Er hatte diesen Posten schon früher und galt bei internationalen Investoren als Garant für eine gewisse solide wirtschaftliche Entwicklung der Türkei, bis er von Erdogan durch dessen Schwiegersohn ersetzt wurde.

Die Türkei kämpft seit Langem mit einer kräftigen Inflation von offiziell rund 44 Prozent, und viele Experten machen dafür unter anderem die Politik Erdogans verantwortlich, der entgegengesetzt zur Standardlehre niedrige Zinsen für die Lösung hielt. Damit dürfte nun Schluss sein: Simsek gilt als Anhänger der konservativen Lehre und die Leitzinsen in der Türkei werden nun wohl kräftig steigen. Der Chef des Geheimdienstes MIT, Hakan Fidan, soll indes neuer Außenminister werden, Cevdet Yilmaz wird Vize, Yilmaz Tunc Justizminister, Generalstabschef Yasar Güler neuer Verteidigungsminister.

Mahinur Özdemir, die zuletzt türkische Botschafterin in Algerien war, wird neue Ministerin für Familien- und Sozialpolitik. Ali Yerlikaya, der fünf Jahre lang Gouverneur von Istanbul war, wird neuer Innenminister, Vedat Isikhan neuer Minister für Arbeit und soziale Sicherheit, Mehmet Özhaseki Minister für Umwelt, Urbanisierung und Klimawandel und Alparslan Bayraktar Minister für Energie und natürliche Ressourcen. Nur Gesundheitsminister Fahrettin Koca und Kultur- und Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy behalten ihre Ministerämter.

Weitere Kabinettsposten bekommen Osman Askin Bak (Jugend und Sport), Yusuf Tekin (Bildung), Mehmet Fatih Kacir (Industrie und Technologie), Ibrahim Yumakli (Landwirtschaft), Ömer Bolat (Handel) und Abdulkadir Uraloglu (Verkehr und Infrastruktur).

red