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“Einen Plan B oder alternative Überlegungen habe ich nicht”: Heiner Pfrommer im Interview mit Ludwigsburg24

Heiner Pfrommer war der erste Kandidat, der seinen Hut für die Landratswahl in den Ring geworfen hat. Der 39-jährige Volljurist ist ein Eigengewächs des Landratsamtes und arbeitet dort – mit einer Abordnung an das Innenministerium – seit nunmehr zehn Jahren. Zu seinem Job als Dezernent für Arbeit, Jugend und Soziales ist 2018 auch noch die Zuständigkeit für die Stadtbahn gekommen. Nun strebt der in Böblingen geborene und in Mötzingen aufgewachsene als Leitender Regierungsdirektor die nächste Stufe der Karriereleiter an und will seinen Chef Rainer Haas als Landrat beerben.

Ein Interview von Patricia Leßnerkraus und Ayhan Günes

 

Herr Pfrommer, es sind nur noch wenige Tage bis zur Landratswahl. Sind Sie schon ein bisschen aufgeregt?

Aufgeregt bin ich nicht, aber ich bin natürlich schon sehr gespannt auf den Verlauf und den Ausgang der Wahl. Anderseits weiß ich, dass ich gut vorbereitet bin und im Vorfeld alles getan habe, damit ich diese Wahl und das Amt gut bestreiten kann.

Wann haben Sie den Entschluss gefasst, sich auf die Nachfolge von Ihrem Chef zu bewerben?

Im Januar hat Landrat Haas mitgeteilt, dass er nicht erneut antritt. Als ich wusste, dass dieses Amt frei wird, habe ich mir zuerst selbst meine Gedanken dazu gemacht, ob eine Bewerbung für mich in Betracht kommt, danach mit meiner Familie darüber gesprochen. Als die Stellenausschreibung vorlag, habe ich mich mit den Fraktionen in Verbindung gesetzt und mit ihnen ebenfalls das Gespräch gesucht. Im Anschluss daran habe ich mich endgültig zur Kandidatur entschlossen.

Die Gespräche mit den Fraktionen haben Ihnen den letzten Push für die Kandidatur gegeben?

Die Gespräche waren positiv, auch wenn abzusehen war, dass aus einzelnen Fraktionen weitere Bewerber kommen würden. Aber ich bin motiviert dieses Amt anzugehen, zumal ich das Landratsamt, den Kreis und die damit verbundenen Aufgaben und Herausforderungen sehr gut kenne. Ich habe Ideen, die ich mit all meiner Arbeitskraft in den Kreis einbringen und gestalten möchte.

Oftmals haben die Eigengewächse eines Unternehmens oder einer Verwaltung weniger Chancen als jemand, der von außen kommt.

Das wird durchaus unterschiedlich beurteilt. Kommt man von innen, muss man das natürlich reflektieren und sich bewusst machen, dass man in eine neue Rolle kommt. Aber bislang habe ich jede neue Stelle innerhalb des Landratsamtes aus der nächsten Führungsebene heraus gestaltet, weshalb ich diese Situation also schon kenne. Die Position des Landrats mit der gesamten Breite des Amtes, für den ganzen Kreis und die Kooperation mit dem Kreistag und den Städten und Gemeinden ist natürlich deutlich umfangreicher angelegt. Dessen bin ich mir bewusst, denke aber, dass diese Situation mehr Vorteile bietet, weil ich das Amt und die Akteure sowie die Weiterentwicklungsnotwendigkeiten genau kenne und in den inhaltlichen Themen gut drin bin.

Sie sehen das interne Know-how also als Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Es ist eines meiner Alleinstellungsmerkmale. Dazu kommt meine Erfahrung auf Landkreisebene zu arbeiten und meine unabhängige Position, um für einen fairen Interessensausgleich zwischen Städten und Gemeinden, aber auch zwischen dem Kreis und den Städten und Gemeinden stehen zu können. Auch mein Alter ist durchaus ein Unterschied zu den Mitbewerbern. Wir sind alle sehr erfahrene und qualifizierte, aber auch unterschiedliche Persönlichkeiten für dieses Amt.

Was macht Ihre Persönlichkeit aus?

Ich bin ein offener, interessierter und verlässlicher Mensch, der gerne Prozesse mitgestaltet und der Verantwortung übernehmen kann und will. Zugleich betrachte ich es als Privileg, wenn man Verantwortung übernehmen darf.

Welchen der Mitbewerber stufen Sie als Ihren schärfsten Konkurrenten ein im Rennen um das Landratsamt?

Alle drei Mitbewerber sind qualifiziert und in sehr verantwortungsvollen Bereichen tätig. Zwei kenne ich schon länger, weil ich auf Landkreisebene schon mit ihnen zusammengearbeitet habe, den dritten Kandidaten habe ich inzwischen ebenfalls persönlich kennengelernt. Bislang habe ich alles als sehr faires, positives Miteinander erlebt, deshalb will ich keine Einschätzung zu einer bestimmten Person treffen. Es ist eine offene, spannende und deswegen auch eine gute Wahl für den Landkreis, aber niemand weiß, wie sie ausgehen wird.

Wie hoch schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Prozentual kann und möchte ich sie nicht einschätzen. Aber Chancen sind durchaus da.

Sie müssen ins Kalkül ziehen, dass Sie sich möglicherweise mit Ihrem neuen Boss duellieren. Fürchten Sie, dass das Verhältnis dadurch belastet werden könnte?

Darüber habe ich mir bisher überhaupt keine Gedanken gemacht. Ich konzentriere mich auf die Wahl, denn ich möchte Landrat werden. Allein darauf liegen meine Energie und Konzentration. Einen Plan B oder alternative Überlegungen habe ich nicht.

Sie haben als einziger der Kandidaten kein Parteibuch. Warum nicht?

Zwar bin ich ein politisch interessierter Mensch, doch in der Verwaltung, in der ich seit meinem Studium tätig bin, hat man eine gewisse neutrale Position, die nicht zwingend Parteipolitik abbildet. Ich fühle mich in erster Linie dem Landkreis verbunden, für den ich das Beste erreichen will. Deshalb habe ich mich bislang gegen ein Parteibuch entschieden und ordne mich auch jetzt bei der Wahl bewusst nicht einem Lager zu. Vielmehr versuche ich, mit gut erläuterten Themen und entsprechenden Ideen für die Umsetzung zu überzeugen.

Sehen Sie Ihre Parteilosigkeit eher als Vor- oder als Nachteil bei der Wahl?

Das kann man sehen wie man will. Ich trete als die Person an, die ich bin, mit meiner Persönlichkeit, meinen Themen. Ich will ein gutes, glaubhaftes sowie authentisches Angebot machen und hoffe, es überzeugt am Schluss.

Haben Sie sich bei allen Fraktionen vorgestellt?

Ja, bis auf die AFD habe ich mit allen Fraktionen gesprochen. Als Landrat ist man selbstverständlich für alle demokratisch gewählten Kreisrätinnen und -räte da, das würde auch für mich gelten. Im Bewerbungsverfahren habe ich mich aber bewusst nicht bei der AFD vorgestellt, weil deren Positionen prinzipiell von meinen sehr weit weg sind.

Als Sozialdezernent tragen Sie Verantwortung für rund 700 Mitarbeiter, als Landrat wären es ca. 2000. Das wäre ein großer Sprung für Sie…

Mein Dezernat ist das größte im Landratsamt, in dem gut ein Drittel aller Mitarbeiter der Verwaltung beschäftigt sind. Daneben verantworte ich auch ein großes Budget. Selbstverständlich ist es ein großer Schritt vom Dezernenten zur Landratstätigkeit, aber ich führe ja im Landratsamt bereits seit Ende 2010 Führungstätigkeiten mit einem breiten Themenspektrum und umfangreicher Personalverantwortung aus.

Was macht ein Sozialdezernent überhaupt?

Konkret heißt mein Bereich Dezernat für Arbeit, Jugend und Soziales und es ist eine kommunale Leitungsaufgabe mit der viel Personal- sowie Themenverantwortung einhergeht. Dabei geht es beispielsweise vom Jobcenter über die Jugendhilfe, über die Hilfe für Menschen mit Behinderung, Inklusion, Pflegethemen. Im Prinzip bilden die Themen meines Dezernats auch die Themenbreite eines gesellschaftlichen Lebens in einem Landkreis ab. Wir arbeiten im Dezernat auch mit vielen externen Trägern und Organisationen zusammen, um Hilfen zu planen, zu finanzieren und zu organisieren und so eine möglichst gute soziale Infrastruktur anbieten zu können mit dem Ziel eines guten Zusammenlebens der Menschen, dass die Menschen, die Hilfe benötigen, diese auch bekommen. Ich bin dankbar, dass wir einen Kreistag haben, der den Sozialbereich bislang immer sehr gut unterstützt hat.

Als Volljurist hätten Sie auch in den Anwaltsbereich oder die Wirtschaft gehen können, um richtig gut Geld zu verdienen. Warum haben Sie eine Laufbahn in der Verwaltung vorgezogen?

Mein Interesse am öffentlichen Recht hat sich schon im Studium entwickelt, so dass ich Europarecht und das internationale Recht als Vertiefungsschwerpunkte im Studium gewählt habe. Während des Referendariats hatte ich eine Station in der Stadtverwaltung und dem Staatsministerium, wo ich jeweils tiefer ins öffentliche Recht eintauchen konnte. Dort Prozesse für das Gemeinwesen mitgestalten zu können, hat mich letztlich motiviert, in die Verwaltung zu gehen.

Mit Ihrem Profil hätten Sie sich ebenso als OB in Ludwigsburg bewerben können…

Das stand für mich nie zur Diskussion. Die Arbeit eines Oberbürgermeisters ist mit Sicherheit eine großartige Aufgabe, aber ich habe mich ausschließlich mit der Frage beschäftigt, ob ich Landrat werden will und sie mit einem deutlichen Ja beantwortet. Einzig darauf konzentriere ich mich.

Wie ist Ihre Kandidatur innerhalb des Landratsamtes angekommen?

Bislang habe ich positive Rückmeldungen erhalten, was mich sehr freut.

Unterstützt Ihr Chef Rainer Haas Ihre Kandidatur und ist das für Sie ein Vorteil?

Grundsätzlich ist es nie verkehrt, wenn der Chef mit der geleisteten Arbeit zufrieden ist und die Person dadurch geeignet hält für weitere Ämter. Ich habe im Vorfeld mit ihm über meinen Wunsch zur Kandidatur gesprochen und er hat mich darin bestärkt.

Ist er auch Ihr Vorbild oder unterscheiden Sie sich von ihm?

Vor seiner Person sowie seiner Leistung habe ich großen Respekt. Das heißt aber nicht, dass ich ihn auf irgendeine Art und Weise kopieren möchte, denn ich bin eine eigenständige Persönlichkeit und komme aus einer anderen Generation. Ich habe meine eigenen Themen, gehe meinen ganz eigenen Weg und würde das Amt so ausüben wie es zu meiner Person passt.

Wie dürfen wir uns das vorstellen?

Ich bin ein sach- und ergebnisorientierter Mensch, arbeite stark in den Themen. Gleichzeitig möchte ich mich als Landrat für ein gutes Miteinander mit den Städten und Gemeinden einsetzen und sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben bestmöglich unterstützen. Ich bin daran interessiert, dass sich die Verwaltung bürger- und kundenfreundlich präsentiert, sie sich modern und als guter Arbeitgeber darstellt, wozu für mich auch die Digitalisierung innerhalb des Landratsamts gehört. Außerdem möchte ich mich dafür einsetzen, dass wir ein weltoffener, mit seinen Partnerregionen gut vernetzter Landkreis sind, der sich zugleich seiner Geschichte und Traditionen bewusst ist.

Was macht den Landkreis für Sie so attraktiv?

Der Landkreis ist insgesamt gut aufgestellt mit starken Städten und Gemeinden, mit einer starken Wirtschaftsstruktur. Es gibt eine sehr engagierte Bürgerschaft in unterschiedlichen Bereichen mit einem hohen Anteil an ehrenamtlichem Engagement. Wir haben eine abwechslungsreiche und lebenswerte Landschaft, eine gute Landwirtschaft, ebenso eine gute Gesundheitsversorgung und eine gute soziale Infrastruktur. Das alles macht die Attraktivität für mich aus.

Was wollen Sie da überhaupt noch besser machen?

Es gibt durchaus noch Herausforderungen. Die hochwertige medizinische Versorgung der Kliniken muss weiterentwickelt und für die Zukunft finanziell gesichert werden. Die Verbesserung der Mobilität, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Digitalisierung, der Ausbau des Breitbands, bezahlbarer Wohnraum, Strukturwandel in der Wirtschaft, Fachkräftebedarf, , Förderung der Integration, Pflege, Abfallwirtschaft, das alles sind wichtige Themen.

Sollten Sie gewinnen, wo wollen Sie nach acht Jahren stehen?

Ich möchte in all den eben genannten Punkten Schritte erreicht haben, die die Situation deutlich verbessert bzw. bestimmte Themen gelöst haben. Wichtig ist mir auch, immer die ganze Breite der Themen im Blick zu behalten und mich nicht nur auf ein Gebiet zu fokussieren. Ich möchte dass wir in acht Jahren ein Landkreis sind, der ökonomisch erfolgreich und ökologisch nachhaltig ist mit einer guten sozialen Infrastruktur..

Können Sie noch konkreter werden bei Ihren Vorstellungen?

Ein aktuelles Projekt ist die Stadtbahn, die ich weiter voranbringen will. In acht Jahren sollen zumindest Teilstrecken wie zwischen Markgröningen und Ludwigsburg reaktiviert und die weiteren in Umsetzung sein. Auch Busbeschleunigungsmaßnahmen sollen realisiert sein. Außerdem möchte ich den Radverkehr weiter fördern – dazu gehört auch ein Schnellradweg – und insgesamt eine Entspannung beim Verkehr erreichen. Für den Campus in Marbach will ich eine gute Lösung gemeinsam mit der Stadt Marbach erreichen. Im Bereich Pflege brauchen wir eine Stärkung der ambulanten Pflege, wir brauchen z. B. Quartierslösungen, damit die pflegenden Angehörigen unterstützt und entlastet werden. Wir müssen die Kurzzeitpflege weiter ausbauen. Die Ausbildung in der Pflege ist ein zentraler Punkt, damit wir genügend qualifizierte Pflegefachkräfte haben. Da möchte ich gerne ein Netzwerk und einen Schulterschluss anbieten. Das Thema bezahlbares Wohnen ist sehr wichtig. Hier haben wir mit dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum eine gute Basis, um das Thema mit den verschiedenen Akteuren weiter voranzubringen.

Sie haben vorhin das Thema Integration angesprochen. Wie viele Flüchtlinge leben derzeit im Kreis?

Seit 2015 sind rund 10.000 Menschen im Landkreis angekommen. Aktuell kommen noch rund 600 neue Asylsuchende jährlich im Landkreis an. Für sie ist wichtig, wie es hier für sie weitergehen kann. Dürfen sie eine Arbeit annehmen, eine Schule besuchen, eine Ausbildung machen<ß Bislang sind Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge seit 2015 ganz gut gelungen, auch dank der vielen ehrenamtlichen Unterstützer. Aber die eigentliche Integration in Arbeit und Gesellschaft wird auch künftig eine große Herausforderung bleiben. Wir benötigen entsprechende Angebote, damit die Menschen in der Gesellschaft ankommen und sich auch wirklich integrieren können.

Zum Schluss noch ein paar persönliche Fragen. Sie wohnen mit Ihrer Familie in Stuttgart Degerloch. Werden Sie bei einem Wahlsieg umziehen?

Das haben wir innerhalb der Familie schon besprochen und alle würden gerne hier in den Kreis ziehen. Meine ältere Tochter ist siebzehn, die kleine Tochter ist acht. Wir würden jedoch einen geeigneten Zeitpunkt für einen Umzug abwarten, damit das auch mit den schulischen Abläufen passt.

Was machen Sie in der Freizeit?

Im Vordergrund stehen meine Frau und die Töchter, mit denen ich gerne Zeit verbringe. Als Hobby betrachte ich Radfahren und Lesen – von Romanen über Geschichtliches sowie Zeitgeschichtliches bis hin zu Sachbüchern.

Haben Sie einen Lieblingsautor?

Als Jugendlicher habe ich gerne Hermann Hesse gelesen, heute bin ich nicht mehr so festgelegt.

Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne mal ausgiebig zu Mittag essen und sich gedanklich austauschen?

Würde er noch leben, würde ich mich für Nelson Mandela entscheiden. Mich hat sehr beeindruckt, dass und wie er es nach 27 Jahren Gefängnis zurück in der Freiheit geschafft hat, nicht ein Wort der Bitternis zu haben, sondern dass er ausschließlich für Versöhnung stand und Südafrika zusammengeführt hat.

Wofür geben Sie Ihr Geld aus, um sich etwas zu gönnen?

Gelegentlich gehen meine Frau und ich essen. Ansonsten reisen wir gerne. Die letzten Reisen haben wir nach Frankreich oder nach Afrika, konkret nach Eritrea und Kenia, unternommen. Meine Frau ist gebürtige Eritreerin.

Lachen Sie gerne und oft?

Über lustige Geschichten oder einen guten Witz kann ich herzhaft lachen. Ich mag auch Situationskomik oder humorvolle Bücher. Den Kabarettist Rolf Miller finde ich ganz gut und die heute-show schaue ich auch ganz gerne. Es gibt immer wieder einen Grund zu lachen und am liebsten tue ich das zusammen mit anderen Menschen.

Was bevorzugen Sie, Musical oder Oper?

Ich würde doch eher die Oper vorziehen. Aber es gibt auch einzelne Musicals, die ich mir anschauen würde, beispielsweise ‚König der Löwen‘ wollen wir mit der Familie einmal anschauen.

Sie wohnen noch in Degerloch, das ist Kickers Land. Sind Sie Kickers-Fan oder Fan der Roten?

Ich bin schon mehr ein Fan der Roten, gelegentlich sehe ich mir auch mal ein Spiel im Stadion an. Als Kind und Jugendlicher habe ich selbst Fußball gespielt, aber mit Beginn des Zivildienstes habe ich damit aufgehört. Mein Lieblingsspieler war früher Zinédine Zidane.

Haben Sie, abgesehen vom Wahlsieg kommenden Freitag, einen Wunsch, den Sie sich gerne noch erfüllen möchten?

Auf meiner Wunschliste stehen noch verschiedene Länder, die ich am liebsten mit meiner ganzen Familie oder mit meiner Frau bereisen möchte. Eines dieser Länder ist Äthiopien, da möchte ich auf jeden Fall einmal hin. Es ist ein unheimlich vielfältiges und schönes Land, das mich ausgesprochen reizt.

“Landrat, das passt zu mir” – Ludwigsburg24 im Interview mit Dietmar Allgaier

In Kornwestheim sieht man mit einem lachenden und einem weinenden Auge der anstehenden Landratswahl entgegen. Denn der allseits beliebte Erste Bürgermeister Dietmar Allgaier ist einer der vier Kandidaten, die sich um das Amt des Landrats in Landkreis Ludwigsburg bewerben. Dem gebürtigen Stuttgarter werden gute Chancen ausgerechnet, das Rennen für sich zu entscheiden. Ebenfalls gute Chancen auf eine behutsame Überprüfung aller Fakten, hätte die beschlossene Doppelstrategie der ÖPNV bei einer Wahl Dietmar Allgaiers zum neuen Landrat. Darüber hat er sich sogar schon mit dem neuen Oberbürgermeister von Ludwigsburg ausgetauscht.

Sie haben gesagt: Landrat, das passt zu mir! Warum passt das?

Die Aufgaben eines Landrats passen nach meiner Ansicht zu meiner Persönlichkeit. Ich bin gerne unter Menschen, bewege mich gerne in der Gesellschaft, bin sehr kommunikativ. Und ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen und gehe zielstrebig voran. Dies alles sind Eigenschaften, die das Berufsbild eines Landrats prägen. Ich bin niemand, der auf der Suche nach einem neuen Job ist. Aber diese Stelle reizt mich, auch weil sie eine besondere Herausforderung darstellt.

Wie hat man in Kornwestheim darauf reagiert, dass Sie das Rathaus verlassen wollen?

Bevor ich mich um das Amt beworben habe, habe ich mit den Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats persönlich gesprochen, alle anderen Gemeinderäte habe ich per Mail informiert. Die Reaktionen sind sehr herzlich, was mich sehr ehrt und freut. Gerade erst hat mir wieder eine Mitarbeiterin gesagt, dass sie mir die Daumen drückt und mir den Sprung ins Landratsamt gönnen würde. Zugleich sagen alle unisono, dass sie es sehr bedauern, wenn ich Kornwestheim verlasse würde. Das freut mich deshalb, weil es eine schöne Anerkennung meiner Arbeit ist. Werde ich nicht gewählt, dann bleibe ich auf jeden Fall hier.

Wie hoch schätzen Sie Ihre Chancen ein, gewählt zu werden?

Wir sind vier Bewerber, die zur Wahl stehen, von denen drei Bewerber eine politische Basis haben. Die 103 wahlberechtigten Kreisräte machen sich derzeit ein Bild von den Persönlichkeiten der Kandidaten und deren Inhalte. Als einer der Bewerber steht es mir nicht zu, eine Prognose über die einzelnen Chancen abzugeben.

Wird die Entscheidung schon im ersten Wahlgang fallen?

Ich rechne damit, dass erst der dritte Wahlgang mit einfacher Mehrheit die Entscheidung bringt, weil davon auszugehen ist, dass die Parteien in den ersten beiden Wahlgängen die Stimmen ihren eigenen Kandidaten geben werden. Im dritten Wahlgang ist dann alles möglich.

Sie rechnen also durchaus mit Stimmen anderer Parteien?

Das wird man sehen. 2008 beispielsweise bin ich hier in Kornwestheim zum Bürgermeister gewählt worden von der CDU, der SPD und mit zahlreichen Stimmen aus den Reihen der Grünen sowie der Freien Wähler. Damals habe ich 21 von 27 Stimmen bekommen. 2012 bin ich dann bei geheimer Wahl einstimmig zum Ersten Bürgermeister gewählt worden. Von daher ist das Rennen für jeden Kandidaten offen. Ich habe mich allen Fraktionen vorgestellt und bin zudem der Meinung, dass der gewählte Landrat nur dem Landkreis und dem Kreistag unterworfen ist, aber keiner Partei. Deshalb sollte er auch immer einen Kontakt zu allen Fraktionen pflegen. Das tue ich als Erster Bürgermeister ebenso.

Auf welche Aufgaben freuen Sie sich besonders, sollten Sie die Wahl gewinnen?

Im Falle einer Wahl freue ich mich zuerst einmal, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenlernen zu dürfen. Ebenso freue ich mich auf den Kontakt mit den ganzen Städten und Gemeinden, deren Bindeglied der Landrat ist. Die kommunalpolitische Arbeit eines Landrats ist spannend, weil sie direkt am Menschen ist. Natürlich freue ich mich auch auf die Herausforderungen, die dieses Amt mit sich bringt.

Welche Herausforderungen wären neu für Sie?

Ergänzend zu den Tätigkeiten meiner jetzigen Aufgabe als Erster Bürgermeister sind es die gemarkungsübergreifenden Themen der Mobilität, weitere Möglichkeiten beim Umwelt- und Klimaschutz und die Klinikenfinanzierung im Landkreis Ludwigsburg. Bei rein kommunalen Themen Wirtschaft und die Wohnraumversorgung, auch wenn der Landkreis da oftmals keine direkte Einwirkung darauf hat, möchte ich mit Städten und Gemeinden kooperieren und meine Erfahrungen einbringen. Außerdem würde ich dann gerne das Thema Innovation in meine Arbeit einfließen lassen.

Der Landkreis Ludwigsburg gehört zu den Top Ten der einkommensstärksten Kreise. Was kann der zukünftige Landrat tun, damit dies so bleibt.

Die Einnahmenseite ist immer nur mittelbar beinflussbar von den politischen Gremien und der Verwaltung oder gar dem Landrat selbst. Deswegen halte ich eine vernünftige und solide Haushaltspolitik des Landkreises auch in der Zukunft für wichtig. Das heißt beispielsweise, dass geplante Investitionen grundsätzlich immer auch auf ihre Folgekosten überprüft werden müssen. Wenn der Landkreis solide sowie generationengerecht handelt, wird auch, trotz aller nicht steuerbaren Einflüsse wie beispielsweise 2015 die Flüchtlingswelle, die ein enormes Finanzvolumen gebunden hat, der Wohlstand der Einwohnerinnen und Einwohner zu halten sein.

Sie selbst mussten in Kornwestheim vor ein paar Jahren als Finanzbürgermeister eine ungeplante Steuerrückzahlung in Höhe von über 20 Mio. Euro stemmen…

… was die Stadt tatsächlich geschafft hat, weil sie gemeinsam mit dem Gemeinderat in den Folgejahren den Haushalt so konsolidieren konnte, dass es an der einen oder anderen Stelle zwar schmerzhaft war, aber wir keine Leistungen streichen mussten. Wir haben die Krise überwunden, Kornwestheim steht schuldenfrei da und ist die Stadt im Landkreis mit der zweithöchsten Liquidität.

Kann ein Landrat neue Gewerbegebiete ausweisen, um neue Unternehmen an Land zu ziehen?

Die Hoheit über Planungen und Maßnahmen haben letztlich immer die Kommunen. Aber der Landrat kann gut unterstützen, wenn er mit den Bürgermeistern entsprechend über Entwicklungsmöglichkeiten kommuniziert. Als Landrat würde ich gerne Schwerpunkte setzen im Bereich Innovation und in den nächsten Jahren, junge, innovative Unternehmen in den Landkreis holen. Das sind nicht die Unternehmer, die große Flächen verbrauchen und Flächenressourcen benötigen, sondern sie benötigen oftmals am Anfang einfach nur eine Chance sowie eine politisch ideelle Unterstützung und manchmal vielleicht eine räumliche oder sachliche. Baden-Württemberg war schon immer das Land der Tüftler und Denker, wir haben dank guter Hochschulen sehr viele junge, innovative Köpfe, die man versuchen sollte, für den Landkreis zu gewinnen.

Welche Mechanismen hat ein Landrat, um beispielsweise beim Thema Wohnungsbau einzuwirken?

Der Landrat sollte ausgleichend und moderierend unterwegs sein. Natürlich sind die Bürgermeister und Gemeinderäte in ihren Entscheidungen autonom. Aber so ein übergreifendes Thema wie Wohnraum kann man nur gemeinsam angehen. Hier kann der Landkreis schon unterstützen, weil der Landkreis beispielsweise bei der Baulandplanung direkten Einfluss hat. Bei der Flächenausweisung und bei der Erstellung von Flächennutzungsplänen kann man unterstützen. Wichtig wird ebenso sein, mit den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften zu kooperieren und Gemarkungsübergreifend gemeinsam Projekte zu entwickeln, sofern die Kommunen dazu bereit sind.

Stichwort Doppelstrategie ÖPNV: Würden die Beschlüsse unter Ihrer Regie so durchgesetzt werden oder würden Sie sich nochmals genau anschauen, was seinerzeit zwischen Landrat Haas und Ludwigsburgs Ex-OB Spec verabredet wurde?

Gefassten Beschlüssen ist natürlich auch der neue Landrat unterworfen. Aber ich halte es dennoch für wichtig und richtig, die Fakten nochmals zusammenzutragen, um sie nüchtern und objektiv zu überprüfen auf das, was in dieser doch sehr aufgeregten Zeit insgesamt festgelegt wurde. Darüber habe ich mich mit dem neuen OB Dr. Knecht vor Kurzem bereits ausgetauscht, der es so ähnlich sieht wie ich. Man sollte dieses Thema noch einmal sehr behutsam angehen und sich besprechen, denn am Ende geht es um die hoffentlich beste Lösung für den Landkreis und da ist die Stadt Ludwigsburg ein wesentlicher Faktor. Aber die Frage der Mobilität geht weit über diese Diskussion hinaus, denn wir brauchen letztlich eine Lösung für den gesamten Landkreis.

„Ich ticke kommunal“, sagen Sie über sich. Was finden Sie an der kommunalen Ebene reizvoller als an der Landes- oder Bundespolitik?

Neben der Nähe am Menschen ist es die Sichtbarkeit des Handelns der Verwaltung sowie der Beschlüsse der Gremien. Die kommunalpolitische Arbeit findet an der Basis statt. Ich persönlich genieße es, wenn ich unterwegs bin und das Feedback der Bürgerinnen und Bürger bekomme, Anregungen und auch mal Kritik. Auf der kommunalen Ebene hat man eben die Möglichkeit, sehr viel schneller zu gestalten als in übergeordneten Organen.

 

Sie haben eben das Thema Kritik angesprochen. Wie reagieren Sie auf Kritik?

Mit sachlicher Kritik kann ich gut umgehen, was nicht geht, sind persönliche Anfeindungen, die ich allerdings in meinen elf Jahren als Bürgermeister noch nicht erlebt habe. Es ist natürlich auch immer eine Frage, wie man selbst mit seinem Gegenüber umgeht. Ich versuche, dies respektvoll zu tun, erwarte das allerdings auch umgekehrt. Die Gesellschaft hat sich allerdings verändert. Früher war die Verwaltung ein hoheitliches Organ, heute ist sie Dienstleister. Die Kommunen haben dies bereits zu großen Teilen wahrgenommen, der Landkreis muss noch ein bisschen daran arbeiten. Wenn man die Bürger mit ihren Anliegen ernstnimmt und vernünftig begründet, warum man nicht alles erfüllen kann, dann ist zumindest eine gewisse Akzeptanz vorhanden.

Sie sind Mitglied der CDU. Wann und warum sind sie in die Partei eingetreten?

Eingetreten bin ich 1994, also vor 25 Jahren. Zu dieser Zeit war ich Vorsitzender der Städtischen Orchester Kornwestheim. Als Vereinsvorsitzender ist man vor anstehenden Kommunalwahlen eigentlich immer im Blick der Parteien und Fraktionen. Also hat mich die CDU, deren Fraktionsmitglieder ich teils gut kannte und deren Themen mich überzeugt haben, angesprochen und ich konnte mir vorstellen, mich in meiner Heimatstadt politisch zu engagieren.

Würden Sie heute wieder in die CDU eintreten?

Ja, ich würde wieder in die CDU eintreten, möchte aber betonen, dass ich in all den Jahren meiner kommunalpolitischen Tätigkeit nie Parteipolitik betrieben habe. Für mich ging und geht es immer um Sachthemen.

Haben Sie Vorbilder in der Politik?

Vorbilder sind für mich die Politiker der alten Generation aus der Nachkriegszeit von Theodor Heuss bis Willy Brandt, also unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Sie haben letztlich alle dafür gesorgt, dass Deutschland wiederaufgebaut wurde.

Sie würden gerne Barack Obama kennenlernen, warum?

Seinen Politikstil fand ich sehr ansprechend. Als Präsident war er aus meiner Sicht wahnsinnig glaubwürdig und er hat eine sehr ehrliche, verlässliche Politik gemacht. Diese Eigenschaften halte ich für sehr wichtig, zumal die Politik allgemein sehr an Glaubwürdigkeit verloren hat.

Worüber würden Sie mit ihm reden?

Obama interessiert mich als Mensch. Er hat eine Kindheit erlebt, die nicht von Wohlstand geprägt war. Ich würde ihn viel zu seiner Biografie fragen, aber ebenso zu seinen Erfahrungen, die er während seiner Präsidentschaft gemacht hat.

Zurück zu Ihrer eigenen Karriere: Ihre Frau und die beiden Töchter unterstützen Ihre Landratskandidatur. Wie wichtig ist Ihnen diese Unterstützung?

Diese Unterstützung ist eine Grundvoraussetzung. Schon der Schritt in meine jetzige Funktion war mit meiner Familie eng abgestimmt. In so einem Amt brauchen sie diesen Rückhalt sowohl vom Ehepartner als auch von den Kindern, weil dieser Beruf großen Einfluss auf die Familie hat.

Hätten Sie im Zweifelsfall die Familie über die Karriere gestellt?

Ja, dann hätte ich tatsächlich auf eine Kandidatur verzichtet. Das habe ich schon einmal getan, als mir vor ein paar Jahren eine Kandidatur für eine OB-Stelle in einer Stadt mit 60.000 Einwohnern angeboten worden ist. Das war eine große Ehre für mich und ich habe ernsthaft darüber nachgedacht, das Angebot anzunehmen. Aber die Stelle wäre mit einem Umzug verbunden gewesen, die Kinder hätten Schule und Umfeld wechseln müssen und das wollten wir damals nicht.

Wäre Ihnen ein Umzug ebenfalls schwergefallen?

Schon, denn ich fühle mich hier ausgesprochen wohl, hier sind meine Wurzeln. Kornwestheim bedeutet für mich Familie, Freunde, Heimat. Das geht aber über die Stadtgrenze hinaus. Wir haben hier im Landkreis eine solche Vielfalt, die finde ich einfach fantastisch. Wir haben hier Wirtschaft, Sport, Kultur, Kunst und Freiraum. Wir haben Weinberge, Naherholungsräume, landwirtschaftliche Freiflächen, das alles ist wunderschön und ich genieße es.

Dabei wollten Sie doch angeblich mal nach Kanada auswandern…

Das kommt durch meinen Vater. Als er neunzehn Jahre alt war, ist er für vier Jahre nach Kanada, um dort zu arbeiten. Als er auf Heimatbesuch kam, lernte er meine Mutter kennen und blieb. Er hat mir immer viel über dieses Land erzählt und mich dafür begeistert. Aber ich muss gestehen: Bis heute war ich noch nicht ein einziges Mal dort und der Auswanderertraum ist längst begraben.

Was für ein Vatertyp sind Sie?

Meine beiden Töchter liebe ich sehr. Manchmal bin ich wohl etwas überfürsorglich – zumindest aus der Sicht meiner Töchter. Ich möchte immer gerne wissen, wo sie sind, was sie machen und ob es ihnen gutgeht. Aber zugleich habe ich beiden immer den Freiraum gelassen, den sie benötigen. Lisa, meine Große, ist jetzt für ein Jahr nach Amerika. Sie findet das großartig, ich leide ein bisschen. Plötzlich fehlt ein Teil der Familie. Lisa ist nicht mehr in Reichweite, denn Washington ist nicht gerade ums Eck. Aber es war ihr Wunsch, das habe ich respektiert, weil ich weiß, dass es wichtig und richtig ist für ihre Persönlichkeitsentwicklung. Also lerne ich jetzt loszulassen.

Welche Werte waren Ihnen wichtig in der Erziehung?

Ehrlichkeit ist mir sehr wichtig, aber auch ein gutes Sozialverhalten und dass meine Kinder aus innerer Überzeugung fühlen, wie wertvoll Familie ist. Sie sollen sicher sein können, dass Familie, Eltern immer eine Basisstation sind – in jedem Alter und egal, worum es auch im Leben geht. Meine Frau und ich haben auch immer eine frühe Selbständigkeit der Mädchen unterstützt. Unsere jüngere Tochter Franziska wollte trotz Gymnasialempfehlung unbedingt auf die hiesige bilinguale Realschule. Wir haben sie diese Entscheidung tatsächlich selbst treffen lassen und es hat sich im Nachhinein gezeigt, dass dies goldrichtig war. Nun wird sie dieses Schuljahr ihr Abitur an der Mathilde-Planck-Schule in Ludwigsburg machen.

Wo möchten Sie sich als Politiker einbringen, dass Sie nachhaltig etwas für die Generation Ihrer Töchter und deren Nachkommen hinterlassen?

Das fängt schon damit an, dass ich die junge Generation ernst nehme. Die Jugend formuliert gerade sehr hörbar ihre ihnen wichtigen Bedürfnisse für die Zukunft. Da spielt der Klima- und Umweltschutz eine große Rolle. Auch meine große Tochter hat an den Friday for Future-Demonstrationen teilgenommen und wir haben daheim über das Thema diskutiert. Es ist unsere Pflicht, dass wir unsere Erde, unser Klima, unsere Natur so für die Enkel und Urenkel erhalten, dass unsere Jugend positiv in die Zukunft blicken kann.

Die Medien der Zukunft, also die Digitalisierung liegt mir ebenfalls am Herzen sowie das Thema Wohnen und der Schutz unseres unbebauten Lebensraums zur Erhaltung der Freizeitmöglichkeiten. Nicht zu vergessen die ständige Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Neben Frau und Töchtern gehört Ihre Liebe dem abgestiegenen VfB. Wie groß ist derzeit Ihr Liebeskummer?

Da ich jede Menge Herzblut mitbringe für diesen Verein, leide ich genauso mit wie jeder andere Fan. Zweimal zweite Liga innerhalb von zwei Jahren ist schon sehr schmerzhaft. Ich bin ja ehrenamtlich im Mitgliederausschuss tätig und schaue mir möglichst oft die Heimspiele im Stadion an. Natürlich ärgere ich mich über jede Niederlage und fiebere mit, dass am Ende der Saison der Aufstieg steht. Doch unterm Strich ist und bleibt es Sport.

Wie schätzen Sie derzeit Form und Leistung des Vereins ein?

So, wie die neuen Strukturen gerade aufgebaut werden, glaube ich, dass der Verein organisatorisch sowie personell gut aufgestellt sein wird und dadurch wieder in ruhigere Fahrwasser kommt. Die Ausgliederung halte ich noch immer für den richtigen Schritt und ich bin auch der Meinung, dass Wolfgang Dietrich zum damaligen Zeitpunkt der richtige Präsident war. Herr Dr. Gaiser ist für die Übergangszeit in seiner ruhigen, sachlichen und überlegten Art als kommissarischer Präsident ebenfalls der richtige Mann. Er ist sehr erfahren und ich schätze ihn sehr. Vieles wird jetzt davon abhängen, wer der neue Präsident wird. Er sollte auf jedem Fall die VfB-Familie wieder zusammenführen und integrieren, damit der Verein wieder eine Einheit wird. Was sportlich auf dem Platz abläuft, möchte ich nicht kommentieren, weil ich kein Fachmann bin.

Der neue Präsident muss mit Finanzen umgehen können, sich mit Verwaltung auskennen, er sollte für Personal ein Händchen haben, Fußballverstand und eine gehörige Portion Leidenschaft für diesen Sport sowie ein gutes Netzwerk mitbringen. Passt doch, falls das mit dem Landrat nicht klappen sollte!

(lacht herzhaft) Na ja, ich suche einen Job für mindestens acht Jahre und nicht nur für eins. Der Präsident des VfB Stuttgart sollte auch Sport- und Fußball-Kompetenz mitbringen und im besten Fall auch das passende Netzwerk. Und beides habe ich nicht. Deshalb wäre das für mich nicht der richtige Posten. Ich bewerbe mich nur auf Stellen, bei denen ich von mir selbst überzeugt bin, dass ich sie wirklich zu hundert Prozent gut ausfülle. In diesem Segment würde ich mir das auf jeden Fall absprechen.

Patricia Leßnerkraus und Ayhan Günes

“Meine Chancen stehen 50:50” – Ludwigsburg24 im Gespräch mit Gerd Maisch

Sein Arbeitsplatz in Vaihingen an der Enz ist ein kleines Schmuckkästchen, das Gerd Maisch jetzt nach 13 Jahren verlassen will. Denn er möchte das alte Rathaus, das 1693 abbrannte und 1720 wieder neu aufgebaut wurde, gegen das viel modernere Landratsamt in Ludwigsburg tauschen. Wie groß der 55-jährige Oberbürgermeister von Vaihingen an der Enz (Freie Wähler) seine Chancen für diesen Wechsel einschätzt und warum er glaubt, der richtige Kandidat zu sein, erzählt er in einem ausführlichen Gespräch mit Ludwigsburg24.

 

Ludwigsburg24: Sie haben sich knapp vor Ablauf der Bewerbungsfrist entschieden, für die Landratswahlen am 15. November zu kandidieren. Warum kam Ihre Entscheidung erst in der letzten Minute?

Ich bin vielleicht ein Last-Minute-Kandidat was die Abgabefrist für die Bewerbung betrifft, aber mein Entscheidungsprozess ging natürlich schon viel länger. Dabei haben viele Überlegungen eine Rolle gespielt, zum Beispiel, dass ich hier als Oberbürgermeister eine schöne Aufgabe habe. Wir haben den Zuschlag für eine Gartenschau bekommen, die die Stadt im Jahr 2029 ausrichten wird. Die ersten Planungsvorbereitungen dafür beginnen schon jetzt. Eine Gartenschau zu gestalten ist eine Aufgabe, die nicht jeder meiner Amtskollegen und -kolleginnen bekommt.

Auch gefällt mir der gute und ständige Kontakt zu den Bürgern meiner Stadt, der natürlich intensiver ist als der eines Landrates. Außerdem sehe ich die geleistete Arbeit auf kommunaler Ebene sehr konkret. Ich laufe durch die Stadt und kann sagen: Hier haben wir was gemacht, dort haben wir etwas umgesetzt. Das macht natürlich Spaß. Mit jeder höheren beruflichen Ebene werden die Ergebnisse zwangsläufig abstrakter.

Warum haben Sie sich am Ende doch für eine Kandidatur entschieden?

Mit 55 Jahren möchte ich jetzt gerne nochmal neue Herausforderungen annehmen. Diese Kandidatur bietet mir eine gute Möglichkeit, zumal ich im Kreis Ludwigsburg fest verankert und gut vernetzt bin. Der Landkreis bietet viele spannende Themen und anspruchsvolle Aufgaben, denen ich mich gerne stellen möchte. Ich sehe dabei vor allem die Chancen, die man im gemeinsamen Erreichen von Zielen als Kommune, Kreis und Region hat, um das Beste für die Bürger zu erreichen. Hierfür möchte ich meine Erfahrung einbringen als Oberbürgermeister, als Kreisrat und auch als Mitglied der Regionalversammlung vom Regionalverband Stuttgart, der ich seit fünf Jahren angehöre.

Ihre Wahl zum Oberbürgermeister haben sie 2006 im ersten Wahlgang überraschend gewonnen, Ihre Wiederwahl war mit 97 Prozent noch fulminanter Wie hoch schätzen Sie Ihre Chancen ein, zum neuen Landrat gewählt zu werden?

Sie können eine Volkswahl natürlich nicht mit einer Gremienwahl vergleichen. Bei der nun anstehenden Gremienwahl spielt beispielsweise die Parteizugehörigkeit zumindest in den beiden ersten Wahlgängen eine gewisse Rolle. Meine Chancen schätze ich 50:50 ein. Die Gespräche, die ich bisher mit den Fraktionen geführt habe, waren sehr positiv, und ich habe den Eindruck gewonnen, dass man mich als kompetenten Bewerber wahrnimmt, der diese Aufgabe erfüllen könnte.

Bei der OB-Wahl in Ludwigsburg wurden parteipolitische Koalitionen geschmiedet, um eine Ablösung des den Freien Wählern angehörenden Werner Spec an der Rathausspitze herbeizuführen. Fürchten Sie, dass sich gegen Sie auch etwas zusammenbraut?

Nein, das fürchte ich nicht. Bei der OB-Wahl entscheidet allein die Bevölkerung und wählt den Kandidaten, den sie für das Amt am besten hält. Die Parteien positionieren sich zwar zugunsten des einen oder anderen Kandidaten, aber das geht auch gar nicht anders. Eine OB-Wahl in einer Stadt wie Ludwigsburg erfordert einen beachtlichen finanziellen Aufwand des Kandidaten, aber es gibt anders als bei Bund und Land keine Wahlkampfkostenerstattung. Ohne Unterstützung von irgendwelchen Gruppierungen, die sich hinter den Kandidaten stellen und ihn auch finanziell unterstützen, ist so ein Wahlkampf allein kaum durchzuführen. Aber das hat mit der Landratswahl aus meiner Sicht sehr wenig zu tun. Eine Abrechnung in irgendeiner Form kann ich mir nicht vorstellen. Dafür besteht weder ein Bedarf noch ein Wunsch noch eine Strömung in diese Richtung.

Sie wollen wechseln von einer Stadt mit rund 29.000 Einwohnern und einer Verwaltung mit 650 Mitarbeitern in einen Landkreis mit 39 Gemeinden, über 500.000 Einwohnern und 2.000 Mitarbeitern. Wie groß ist Ihr Respekt vor diesem gewaltigen Sprung?

Die Organisationsstruktur einer Stadt und eines Landkreises ist ähnlich und doch wieder ganz anders. Ein Oberbürgermeister hat mindestens so viel direkten Kontakt mit seinen Mitarbeitern wie ein Landrat, das ist durch die Organisationsstruktur einfach gegeben. Und ich behaupte, dass jeder OB mehr Bürgerkontakt hat als ein Landrat. Und ob sie jetzt im Kontakt sind mit viel oder wenig Mitarbeitern, ob mit 29.000 Bürgern oder über 500.000, das ist egal. Den Umgang mit Menschen habe ich in 25 Jahren als Bürgermeister und Oberbürgermeister gelernt und bin somit gut aufgestellt und erfahren genug, um einen Landkreis führen zu können.

Sagen Sie uns doch bitte, warum Sie Ihrer Meinung nach der beste Kandidat von den vier Bewerbern sind.

Wenn man eben diese 25 Jahre Erfahrung als Bürgermeister und Oberbürgermeister hat, seit 20 Jahren im Kreistag sitzt, dann hat man den wichtigen Blick von beiden Seiten. Den Blick auf den Kreis durch den Kreisrat, den auf die kommunale Seite als OB. Ich glaube, dass ich die beiden Sichtweisen und Erwartungen gut zusammenbringen und zu einem Miteinander führen kann, um letztlich das Ziehen an einem gemeinsamen Strang von allen Beteiligten zu erreichen.

Beschreiben Sie sich doch bitte mal selbst. Wie sind Sie als Mensch, als Politiker?

Ich bin sicherlich sehr zielstrebig, arbeite gerne für die Allgemeinheit, ich glaube, dass ich mich verständlich ausdrücke und den Menschen alle Verwaltungsentscheidungen nachvollziehbar erklären kann. Ich bin sehr ehrlich und damit auch verlässlich. Mir kann man nicht vorwerfen, dass ich jemals etwas gesagt habe, was ich hinterher anders gemacht habe.

Und welcher Typ Chef sind Sie, welche Führungsqualitäten zeichnen Sie aus?

Ich weiß, dass der Kopf einer Organisation sehr wichtig ist. Ich weiß aber auch, dass es ohne das Team nicht geht. Ich bin nicht beratungsresistent und pflege schon immer mit meinen Mitarbeitern eine gute sowie vertrauensvolle Zusammenarbeit, suche ihren Rat, da sie naturgemäß in der Detailarbeit viel stärker drin sind als ich. Wir tauschen uns intensiv aus und versuchen gemeinsam, gute Vorschläge zu erarbeiten. Klappt das mal nicht, dann ist klar, am Ende entscheidet der Chef – mit allen Konsequenzen. Das heißt, ich ertrage dann im schlimmsten Fall auch die Kritik von außen und ducke mich nicht etwa weg, sondern ich stehe vor meinen Mitarbeitern und übernehme die volle Verantwortung.

Jeder von uns hat neben Stärken auch die eine oder andere Schwäche. Woran würden Sie gerne noch an sich arbeiten?

In der Regel habe ich mich im Griff, aber dennoch werde ich manchmal ungeduldig, zum Beispiel dann, wenn man ein Thema schon mehrfach durch- und ausdiskutiert und auch Entscheidungen getroffen hat und dann fängt irgendwer alles wieder von vorn an. Es gehört zum politischen Geschäft, dass getroffene Entscheidungen auch schlussendlich akzeptiert werden müssen.

Wie äußert sich Ihre Ungeduld, werden Sie laut, hauen Sie auf den Tisch?

Nein, weder noch, ich habe meine Emotionen gut im Griff. Ich äußere sachlich, aber sehr bestimmt, dass ich nicht bereit bin, erneut zu diskutieren. Allerdings gibt es ein paar langjährige Gemeinderäte, die behaupten, meine Ungeduld an meinem Blick erkennen zu können.

Was die eigene Karriere betrifft, sind Sie sehr erfolgsverwöhnt. Haben Sie auch gelernt mit Niederlagen umzugehen?

Seit über 30 Jahren arbeite ich nun in der öffentlichen Verwaltung, davon 25 Jahre in einer Führungsfunktion. Das ist zwar eine gerade Linie im Lebenslauf, dennoch gibt es im politischen Geschäft immer wieder Situationen oder Erlebnisse, von denen man überrascht, enttäuscht ist. Das habe ich natürlich auch erlebt. Das tut im ersten Moment weh, aber man lernt damit umzugehen.

Sind Sie ein nachtragender Mensch?

Wenn mich jemand persönlich verletzt, verändert sich mein Verhalten. Diesen Menschen gehe ich außerhalb meines Amtes aus dem Weg, weil ich privat nicht meine Zeit mit ihnen verbringen will. Das würde ich nicht als nachtragend bezeichnen, sondern als konsequent.

Würden Sie als Landrat mit allen Parteien zusammenarbeiten oder gibt es Ausnahmen?

Prinzipiell sind alle im Kreisrat sitzenden Vertreter demokratisch gewählt und somit darf jede Partei jederzeit ihre Vorschläge einbringen, die in den Gremien beraten werden. Aber natürlich habe ich eine Position und Meinung, die ich offen vertrete, weshalb nicht jede Idee bei mir auf Gegenliebe stößt. Aber ich schließe auch niemanden aus. Sie spielen wahrscheinlich auf den Umgang mit der AFD an. Einen sachlich guten Vorschlag eines AFD-Vertreters nehme ich genauso an wie den von allen anderen Parteien, auch wenn ich mit meinen eigenen politischen Ansichten von dieser Partei sehr, sehr weit weg bin.

Mit welcher Partei sehen Sie die größten Überschneidungen?

Der Kreistag ist mit seinen sieben Gruppierungen ein Querschnitt der Bevölkerung, die komplexer, heterogener geworden ist. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es für die Sachthemen immer große Mehrheiten über die Parteigrenzen hinweg gab, deshalb bin ich auch zuversichtlich für die Zukunft. Es gibt kein linkes oder rechtes, kein grünes, schwarzes oder rotes Krankenhaus, sondern nur eine gute medizinische Versorgung für die Bevölkerung. Deshalb ist die Parteistruktur in einem Kreistag nicht ganz so deutlich wahrnehmbar wie in einem Parlament. Das ist auch gut so und macht das kommunale Geschäft so angenehm.

In der Vergangenheit gab es häufig große Differenzen zwischen dem ausscheidenden Landrat Rainer Haas und dem jetzt abgewählten OB von Ludwigsburg, Werner Spec. Wie stehen Sie zu der beschlossenen Doppelstrategie im ÖPNV von Schnellbussen und Niederflurbahnen? Bleibt es dabei oder werden Sie das Kapitel als neuer Landrat nochmals neu aufmachen?

Die Diskussion dazu ist geführt, die Beschlüsse sind gefasst. Dabei bleibt es jetzt auch. Der Bürger hat das Recht darauf, dass die Beschlüsse endlich umgesetzt und abgearbeitet werden.

Welche Themen stehen als möglicher neuer Landrat noch ganz oben auf Ihrer Agenda?

Ein wichtiges Thema ist die Verbesserung des ÖPNV im gesamten Landkreis. Es geht um den S-Bahn-Ausbau beispielsweise der S5 oder die Ausdehnung der Strohgäubahn. Das ganze Krankenhauswesen bleibt wichtig. Das Akut-Krankenhaus in Vaihingen an der Enz wurde geschlossen, gerade wird über den Krankenhausstandort Marbach diskutiert. Hier brauchen wir bei allen Beschlüssen eine gute Transparenz für die Bürger, um die nötige Akzeptanz zu erzielen. Beim Thema Abfall geht es um die freigemessenen Abfälle aus Neckarwest und die damit verbundenen langfristigen Entsorgungsmöglichkeiten. Die Deponien sind irgendwann voll, dann brauchen wir neue. Einen neuen Standort kann man heute aber nur noch umsetzen, wenn man die Bevölkerung hinter sich hat.

Haben Sie auch ein Herzensprojekt, das Sie gerne vorantreiben würden?

Die Pflege ist mir ein Herzensanliegen. Neben dem allgemeinen Problem der fehlenden Pflegekräfte, haben wir im Landkreis auch zu wenig Kurzzeit-Pflegeplätze. Hier muss der Landkreis mit ins Boot, um die Kurzzeitpflege wieder interessanter zu machen für die Pflegeheimbetreiber und um die pflegenden Angehörigen besser zu unterstützen und zu entlasten.

Auf welches Projekt sind Sie als OB von Vaihingen an der Enz besonders stolz?

Er gibt durchaus mehrere Projekte, über die ich glücklich sein kann. So haben wir für unsere Mitarbeiter bessere strukturelle Arbeitsbedingungen oder für den Bauhof eine neue Einrichtung schaffen können. Richtig stolz bin ich jedoch auf den Umstand, dass es uns seit Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz im Jahr 2013 irgendwie immer gelungen ist, allen Eltern mit dringendem Betreuungsbedarf ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Wir haben einen bunten Strauß an Maßnahmen dafür ergriffen, haben u.a. neue Kindergärten gebaut, bestehende erweitert, so dass wir einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie geleistet haben. Es gab bislang keine einzige Klage gegen die Stadt.

Sie sind Vater von vier Kindern, diskutieren Sie daheim über Politik? Und was halten Sie von der Bewegung „Fridays for Future“?

Als Vater und als Politiker habe ich Verantwortung für die kommenden Generationen und natürlich habe ich für die nachwachsende Generation und ihre berechtigten Sorgen großes Verständnis. Ich denke zwar, dass es in der Emotionalität manchmal ein bisschen zu weit geht, aber die Sorgen als solche kann ich nachvollziehen. Wir müssen deutlich machen, was schon passiert ist und was künftig passieren muss und soll. Es ist zwar das Privileg der Jugend zu fordern, dass alles noch schneller gehen sollte, aber die Lebenswirklichkeit in einer sehr heterogen gewordenen Gesellschaft bedingt nun mal, dass es nicht immer sofort und schnell gehen kann. Darüber diskutiere ich selbstverständlich auch mit meinen Kindern.

Welchen Beitrag leisten Sie zum Klimaschutz?

Schon seit vielen Jahren haben wir die Dächer unserer kommunalen Einrichtungen mit Photovoltaik ausgestattet. Vor 15 Jahre haben wir bereits unsere Stadthalle und auch unsere Innenstadtschulen jeweils auf eine Holzhackschnitzel-Heizungsanlage umgestellt. Dieses System verlängern wir gerade in die Innenstadt. Wir haben im Stadtteil Gündelbach ein Fernwärmenetz aufgebaut und vieles mehr. Es ist also schon viel passiert auf unserer kommunalen Ebene. Aber jedem muss klar sein, dass der Klimaschutz ein gesamtgesellschaftliches Thema ist, zu dem jeder Einzelne seinen Beitrag leisten muss und das wird eine spannende Herausforderung, denn das heißt für jeden Einzelnen auch persönlicher Verzicht, beispielsweise schon bei der nächsten Urlaubsreise. Die Umsetzung zum Schutz des Klimas ist für viele Menschen in Bezug auf ihr eigenes Leben leider noch sehr abstrakt.

Warum hat es Sie bislang nicht in den Landtag oder in den Bundestag gezogen?

Politisch gehöre ich den Freien Wählern Baden-Württemberg an, die sich auch ganz bewusst nur in Stadt, Kreis und Region engagieren. Damit habe ich von Beginn an ganz bewusst deutlich gemacht, dass ich meine berufliche Zukunft ausschließlich auf der kommunalen Ebene sehe. Hier ist die Welt durch Bürger- und Projektnähe konkret, hier setze ich gefasste Beschlüsse auch selbst um, das macht mir Spaß.

Haben Sie auch nie darüber nachgedacht, in einer anderen Region beruflich Fuß zu fassen?

Nein, warum hätte ich dies tun sollen? Ich bin im Raum Böblingen aufgewachsen, habe hier in der Region meine ganz persönlichen Beziehungen wie Verwandtschaft, Freundeskreis. Alle sind in der Region, ich fühle mich hier wohl, warum sollte ich dann woanders hingehen. Ich hatte durchaus berufliche Anfragen aus anderen Regionen, mit denen ich mich auch beschäftigt habe, aber letztlich habe ich mich immer für meine hiesige Heimat entschieden, weil mir die Verwurzelung wichtig ist.

Sollten Sie gewählt werden, wollen Sie dann Richtung Ludwigsburg umziehen?

Nein, dafür besteht keine Notwendigkeit, denn man kann hier sehr schön wohnen und leben. Ich fühle mich privat sehr wohl in dieser Stadt.

Interview: Patricia Leßnerkraus und Ayhan Günes