Die türkischen Migranten in Deutschland haben unter der Pandemie besonders gelitten. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie von Elif Cindik-Herbrüggen, die die psychischen Belastungen von 170 türkischstämmigen Münchnern im ersten Corona-Jahr untersucht hat.
In ihrem Neuro-Psychiatrischen Zentrum im Stadtteil Riem behandelt sie mit ihrem Team hunderte Migranten, darunter viele mit türkischen Wurzeln. Die 52-Jährige ist die einzige türkischsprachige niedergelassene Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in der bayrischen Landeshauptstadt. Unter den Migranten habe es “sehr viele Verlustängste, um nicht zu sagen Todesängste” gegeben, sagte Cindik-Herbrüggen der “Süddeutschen Zeitung”. “Was passiert, wenn ich hier versterbe? Wo und wie werde ich dann begraben, werde ich muslimisch bestattet, kann ich zurück in die Heimat?” seien typische Fragen gewesen.
“In unseren therapeutischen Gesprächen ging es auch immer wieder um die Sorge vor medizinischer Benachteiligung.” In der Studie sei ferner festgestellt worden, dass viele Migranten noch sehr eng mit den Großeltern verbunden seien, schreibt die Zeitung. “Viele heiraten früh, die Großeltern sind noch recht jung, vielleicht gerade erst mal 55 bis 65, dann werden die kleinen Kinder bei den Eltern gelassen und man arbeitet oder erledigt was. Es gibt häufig Familien, bei denen die Omi einfach zu Hause mithilft, wenn vielleicht die Frau in ihrem zweiten Job putzen geht. Das ging dann mit Corona nicht mehr.”
Die größte geäußerte Sorge sei gewesen, die Großeltern anzustecken und schuld zu sein, dass sie sterben könnten. “Deshalb haben sich viele isoliert und sind dabei vereinsamt”, so die Fachärztin gegenüber der SZ. Denjenigen, denen es finanziell schlechter ging, ging es auch psychisch schlechter, weil sie Zukunftsängste hatten und von Arbeitslosigkeit bedroht waren. “Es gab hohe Spannungen und mehr Gewalt, da sind wir uns ganz sicher, dass das signifikant mehr wurde”, so die Expertin.
“Die Männer waren den ganzen Tag zu Hause, in Kurzarbeit oder hatten den Job verloren, durften nicht weggehen, die türkischen Männercafés, Vereine und Moscheen oder Sportvereine, alles war geschlossen.” Zur häuslichen Gewalt zu Corona-Zeiten will Cindik-Herbrüggen nun auch eine Studie durchführen, schreibt die “Süddeutsche Zeitung” weiter.
Turkish24 / dts